Das öffentliche Interesse am Football bezieht sich natürlich, so wie bei jedem Sport, auf die Akteure auf dem Feld. Doch rund um die Ereignisse auf dem Platz, gibt es an Spieltagen noch so viel mehr zu beobachten. Wer sind die geheimen Helden eines jeden Spieltags? Sind Auswirkungen von politischen und gesellschaftlichen Themen spürbar? Was passiert hinter den Kulissen und welche kleinen Geschichten schreibt der Sport, den wir alle so lieben?
Genau dieser Thematik und vielem mehr widmet sich der Film “The Big House”, der nächste Woche auf der Berlinale präsentiert wird. Im Film beleuchten die Produzenten das, was jeder Stadionbesuch mit sich bringt aber vom Besucher nicht immer bewusst wahrgenommen wird. Das Football Stadion in Michigan, auch “The Big House” genannt, ist die Heimat der Michigan Wolverines und mit einer Kapazität von mehr als 100.000 Zuschauern das größte Stadion Amerikas. Der Dokumentarfilm “The Big House” zeigt ein gewöhnliches Sportereignis aus ganz anderen Blickwinkeln, wodurch man die Chance bekommt hinter die Kulissen zu blicken und somit einen Eindruck erhält was sich in den Katakomben, den Umkleidekabinen, der Küche, dem Fanshop, aber auch auf den Rängen und vor dem Stadion abspielt. Der Film bringt einem also nicht nur den Sport näher, sondern auch die amerikanische Gesellschaft und Mentalität.
Projekthintergrund zu “The Big House”:
Die Abteilung für Bildschirmkunst und Kultur der Universität von Michigan nimmt ihre Rolle in einer der großen Hochschulen für Freie Künste wahr. Man ist der Annahme, dass die besten Filmemacher ihre Geschichte kennen und die besten Historiker Filme gemacht haben. Zu diesem Zweck werden einige Kurse im Team unterrichtet. Dieser Film entstand aus einem dieser Kurse. Das Thema war “Direct Cinema”, eine Form des Dokumentationsfilms, welcher auf Erzählung, Interviews, Drehbuchschreiben und nicht-diegetische Musik verzichtet. Der Ansatz hierbei ist, die Projektvorbereitung zu minimieren und somit offen für das Entdecken während der Fotografie, dem Filmen und der Bearbeitung zu sein. Während der Historiker Markus Nornes Sitzungen über die Geschichte und die ethischen Dimensionen des Direktkinos leitete, führten die Filmemacher Terri Sarris und Kazuhiro Soda die Studenten bei der Produktion des Filmes. Die drei Professoren und 13 Studenten sahen sich die Klassiker des “Direct Cinemas” an und brachten die Lehren und Erkenntnisse in ihre eigene Filmproduktion mit ein.
Die Sportabteilung der Michigan Universität unterstützte das Projekt und gab jedem Filmemacher einen Pass, mit dem er sich frei im Stadion bewegen konnte. Das Team erkundete das erste Football Spiel der Saison und suchte nach allen Geschichten, die sich im Laufe des Spieltages entwickelten. Einzelpersonen und kleine Gruppen beanspruchten einzelne Themen und machten Aufnahmen über die folgenden drei Spiele. Nach jedem Spiel versammelten sich die Projektmitglieder, um Rohmaterial und grobe Bearbeitungen zu prüfen und ästhetische und ethische Probleme zu diskutieren, um ihre Sequenzen zu verfeinern. Wie wird das Rennen zum Spektakel des Big House? Wie kann das komplexe Thema Geld adäquat in einem Stil erforscht werden, der Erzählung und Interviews ablehnt? Die Präsidentschaftswahl stand über der Football Saison, aber gehört sie in den Film?
Jede einzelne Gruppe editierte ihre eigene Sequenz, und diese wurden zu einem ersten Schnitt zusammengestellt, der fast vier Stunden lang war. An diesem Punkt übernahm der international gefeierte Regisseur Kazuhiro Soda, der auf direkte Dokumentarfilme im Kino spezialisiert ist, den Schnitt und brachte den Film auf seine heutige Länge von 119 Minuten.
Statement der Regisseure:
Das Posterdesign für “The Big House” mag auf den ersten Blick kryptisch erscheinen, aber es sagt nach Meinung der Regisseure viel über das Projekt aus.
Aus dem Weltraum betrachtet, erscheint das Michigan Stadium wie ein Brettspiel, in dem alle Arten von Wettbewerben mit Gewinnern und Verlierern ins Spiel kommen. Oder ein leeres Schiff, das darauf wartet, von der Menschheit in ihrer Stadt erfüllt zu werden. Auf der Bodenebene überragt die sanfte Schale von Menschen – die meisten tragen die gleiche Farbkombination (und Hautfarbe) – mit dem visuellen und akustischen Schauspiel, für das The Big House berühmt ist.
Das hat mit dem Eintauchen in die Gleichheit zu tun, mit der gewaltigen Vibration, die sich durch die Menge zieht, während sie sich auf die Rhythmen des Football-Wettbewerbs einstellt. Unser Film bietet Momente solchen Eintauchens und seiner begleitenden Freuden. Aber es weist das Publikum auch auf subtile und entscheidende Momente der Differenz hin. Manchmal ist dies nur ein visuelles Muster oder eine akustische Interpunktion; zu anderen Zeiten hat es mit der Dynamik des Gesehenen und Ungesehenen zu tun, Prominenz und Anonymität, Besitz und besitzlos, Kulturen des Krieges und des Nationalismus – und gleichzeitig Anziehung und Flucht vor allem.
Anders gesagt, The Big House ist Amerika.
Weiter geht’s mit zusätzlichen Infos und dem Trailer auf Seite 2.
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