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Flagfootball – Quo vadis?

Lesezeit: 8 min

NFL-Stars spielen Flagfootball bei der Pro Bowl? Ein Super Bowl Werbespot, der sich nur um Flagfootball dreht? Vor einem Jahr schien das noch völlig undenkbar. Die Medienpräsenz, die Flagfootball in den letzten Wochen hatte, war größer als in der gesamten bisherigen Geschichte des Sports.

Hinter all dem Hype der letzten Wochen steht natürlich die NFL und ihr Ziel, vor allem bei Frauen und Jugendlichen ihren Marktanteil noch weiter auszubauen. American Football kann und wird niemals ein weltweiter Breitensport werden, Flagfootball hat das Potential dazu.

Die NFL hat Diana Flores auserkoren, den Sport zu repräsentieren. Flores ist Quarterback des mexikanischen Flagfootball-Damennationalteams, das sich in überzeugender Manier die Goldmedaille bei den World Games 2022 in Birmingham, Alabama geholt hatte. In den letzten Monaten wurde sie zum Gesicht des Sports und somit zum ersten Star der Flagfootball-Geschichte. Sie warf den Football im Wembley Stadion medienwirksam mit Eli Manning hin und her, agierte als Offensive Coordinator bei der Pro Bowl und war nun die Hauptdarstellerin im Flagfootball-Werbespot bei der Super Bowl.

Die internationale Verbreitung von Flagfootball begann vor rund 20 Jahren, als erstmals Europa- und Weltmeisterschaften ausgetragen wurden und somit eine Basis für weltweite Wettkämpfe mit einheitlichen Regeln gegeben war. Regeln, die die IFAF festgelegt hatte und die darauf ausgerichtet waren, dass die Einstiegshürde sowohl die Anzahl der Spieler, als auch die Größe des Spielfelds betreffend, möglichst niedrig war. Das Ergebnis: Die offizielle IFAF-Flagfootball-Variante wird 5 gegen 5, auf einem Spielfeld, das inklusive Endzonen 70 Yards lang und 25 Yards breit ist, gespielt. Bei jeder Welt- und Europameisterschaft und bei den World Games, die 2022 in den USA ausgetragen wurden, wurde nach diesen Regeln gespielt. Für uns Europäer ist das logisch, für die US-Amerikaner nicht.

In den USA werden jede Woche unzählige Turniere gespielt, es gibt sogar welche, bei denen es hohe Preisgelder zu gewinnen gibt. Genauso groß wie die Anzahl der Turniere scheint die der unterschiedlichen Flagfootball-Varianten zu sein. 4 gegen 4, 5 gegen 5, 7 gegen 7, sogar 11 gegen 11. Non-contact, semi-contact. Die Feldgröße bei der Variante 5 gegen 5 ist ähnlich wie bei den IFAF-Regeln. Bei 7 gegen 7 ist das Feld inklusive Endzonen 100 Yards lang und 40 Yards oder manchmal 53 Yards breit. Ganz flexibel anscheinend. Alles unklar? In die unterschiedlichen Regeln möchte ich im Detail gar nicht eintauchen, das würde jeden Rahmen sprengen.

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Eine extrem positive Entwicklung des Sports in den USA ist die geplante Aufnahme von Flagfootball in das offizielle NCAA-Programm für Damen. Die National Association of Intercollegiate Athletes (NAIA) veranstaltet schon seit längerem Flagfootball-Turniere, allerdings eher mit inoffiziellem Charakter. Das Ziel der NCAA ist es nun, offizielle Collegemeisterschaften auszurichten und Scholarships zu vergeben, also die Möglichkeit für besonders gute Athleten, die Uni kostenlos besuchen zu dürfen, wenn sie im Gegenzug für das Universitätsteam an den Flagfootball-Meisterschaften teilnehmen. Dafür müssen sich mindestens 40 Universitäten dazu bereit erklären, eine Mannschaft auf die Beine zu stellen und finanziell zu unterstützen. Gespielt werden soll in der Variante 7 gegen 7.

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Durch die Pro Bowl 2023 hatten Zuseher weltweit erstmals die Chance, Flagfootball kennenzulernen. Die NFL entschied sich bei der Ausrichtung ebenfalls für die Variante 7 gegen 7, die Spielfeldgröße war dabei sehr sonderbar. Das Feld war zu kurz und viel zu breit. Die Spieler joggten am Beginn nur herum und spielten halbherzig. Derrick Henry erzielte einen Rushing Touchdown, der in einem „normalen“ Flagfootball-Spiel so niemals möglich wäre. Erwies die NFL dem Sport einen Bärendienst indem es eine Variante präsentierte, die den Sport, den wir alle kennen, nur in geringer Weise ähnelte? Schwierig zu sagen. Die Emotionen in den sozialen Medien gingen jedenfalls hoch. Die Pro Bowl war meiner Meinung jedenfalls eine verpasste Chance, den Sport so zu zeigen, wie er tatsächlich ist.

Solange man sich in den USA nicht auf eine einheitliche Spielfeldgröße und eine „Hauptvariante“ einigen konnte, bleibt die Flagfootball-Landschaft unübersichtlich. Im Moment ist diese Hauptvariante am ehesten 7 gegen 7, das international übliche Format 5 gegen 5 wird belächelt und als Einstiegsvariante für Kinder betrachtet. Und genau da ist das Problem: Wie soll ein Sport ernstgenommen werden, wenn das Land in dem die meisten und besten aktiven Spieler beheimatet sind, die international festgelegten Regeln nicht ernst nehmen?

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Neben den Bestrebungen der NFL mehr Fans zu gewinnen, gibt es noch einen zweiten wichtigen Grund für den Flagfootball-Hype der letzten Wochen. Die NFL hat sich mit der International Federation of American Football (IFAF) zusammengetan und versucht, das Internationale Olympische Komitee davon zu überzeugen, Flagfootball zu einem Olympischen Sport zu machen. Les Carpenter von der Washington Post hat vor einigen Wochen einen sehr interessanten Artikel zu diesem Thema veröffentlicht. Er interviewte einige Protagonisten, unter anderen auch Michael Payne, einen ehemaligen Manager des Internationalen Olympischen Komitees. Payne ist der Meinung, dass eine olympische Bewerbung für Flagfootball mindestens um 15 Jahre zu früh kommt und nur deswegen jetzt erfolgt, weil 2028 die Olympischen Spiele im Mutterland des (Flag-)Footballs stattfinden. Ich teile seine Meinung. Solange sich die Flag-Gemeinde nicht einig ist und auf der ganzen Welt eine Variante und in den USA eine andere (oder mehrere) Variante(n) gespielt wird/werden, wird der Sport den Olymp nicht erklimmen können.

Wie wird die Zukunft des Sports aussehen? Um weltweite Einigkeit zu erzielen, wird sich entweder die IFAF und mit ihr dutzende Nationen von ihrer Variante des Flagfootballs verabschieden müssen oder die NFL und die gesamte US-amerikanische Flagszene akzeptiert das ungeliebte 5 gegen 5. Beides sehe ich im Moment als nicht realistisch an. Die wahrscheinlichste Lösung ist, dass alles so bleibt, wie es ist. Alle Nationen bereiten sich jahrelang und akribisch vor und senden ihre besten Athleten zu einer Weltmeisterschaft, die gemäß IFAF-Regeln gespielt wird und einen hohen Stellenwert hat. Alle? Nein! Die USA veranstaltet ein Tryout, schickt ein Team, gewinnt die Weltmeisterschaft und fliegt wieder heim. Der Sieg wird in den USA kaum wahrgenommen, denn viel wichtiger ist, wer das nächste Preisgeldturnier in Tampa oder Las Vegas gewinnt. Was das für die olympische Zukunft des Sports bedeutet, steht in den Sternen.

Philipp Pölzl ist Flag Football Weltmeister, Autor und Football Fan. Aktuelle Infos zu seiner Autobiografie findest du auf seiner Homepage.

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