Zusammenfassung
- Cap Space wird durch Umstrukturierung, Entlassung oder Verlängerung geschaffen.
- Void Years und Backloading verschieben Cap-Belastungen in die Zukunft.
- Teams verfolgen unterschiedliche Cap-Strategien, je nach Philosophie.
- Cap Management spiegelt Planung, Risiko und Teamkultur wider.
Einleitung – Cap Space entsteht nicht, er wird gemacht
Es ist das gleiche Spiel in jeder Offseason. Ein Team steht scheinbar mit dem Rücken zur Wand. Kaum Cap Space, große Baustellen, keine offensichtliche Lösung. Und dann, plötzlich: eine Reihe teurer Verpflichtungen, Vertragsverlängerungen, neue Starter. Die Frage kommt zuverlässig: „Wie können die sich das leisten?“
- Zusammenfassung
- Einleitung – Cap Space entsteht nicht, er wird gemacht
- Umstrukturierung vs. Entlassung vs. Extension – Drei Wege, denselben Raum zu schaffen
- Umstrukturierung – Raum durch Verschiebung
- Entlassung – Raum durch Verzicht
- Vertragsverlängerung – Raum durch Vertrauen
- Void Years & Backloading – Das Spiel mit der Zukunft
- Philosophien im Vergleich – Was Cap über Teamkultur verrät
- Fazit: Cap-Mechanik ist Strategie – keine Reaktion
Die Antwort ist so simpel wie komplex: Cap Space entsteht nicht, er wird gemacht.
Der Salary Cap ist kein starres Limit. Er ist ein Rahmen, den Teams gestalten. Nicht durch Zauberei, sondern durch Mechanik. Und wie so oft im Football gilt auch hier: Der Unterschied liegt nicht in der Theorie, sondern in der Ausführung.
Ein Team kann Cap Space auf drei Arten schaffen:
- Es kann Verträge umstrukturieren
- Spieler entlassen
- Oder Verträge verlängern, um sie neu zu verteilen
Dazu kommen Werkzeuge wie Void Years und Backloading, mit denen Zahlungen gestreckt, verschoben oder künstlich entkoppelt werden. All das folgt keinem einheitlichen Plan. Jedes Front Office entwickelt seine eigene Sprache im Umgang mit dem Cap.
In diesem Artikel geht es genau um diese Sprache: Wir zeigen, wie Cap Space technisch entsteht, welche Risiken dabei entstehen – und was diese Entscheidungen über die Teams selbst verraten.
Umstrukturierung vs. Entlassung vs. Extension – Drei Wege, denselben Raum zu schaffen
Wenn Teams Cap Space brauchen, stehen sie vor einer Grundsatzentscheidung: Umverteilen, loslassen oder binden? Drei Mechaniken stehen im Zentrum jeder Offseason, jede mit eigenen Vor- und Nachteilen, jede mit eigener Aussage über Strategie und Haltung.
Umstrukturierung – Raum durch Verschiebung
Die einfachste Methode, Cap Space zu schaffen, ist die Umstrukturierung. Dabei wird ein Teil des Grundgehalts (Base Salary) eines Spielers in einen Signing Bonus umgewandelt – ein Betrag, der sofort ausgezahlt wird, aber Cap-technisch über die Restlaufzeit des Vertrags verteilt wird.
Beispiel:
Ein Spieler verdient 12 Millionen Base Salary, hat noch drei Vertragsjahre. Das Team wandelt 9 Millionen davon in Bonus um: 9 Mio / 3 Jahre = 3 Mio pro Jahr Cap-Hit zusätzlich und somit Cap-Ersparnis im laufenden Jahr von 6 Millionen
Das ist keine Magie, sondern reine Mathematik. Aber es hat seinen Preis: Die Belastung verschiebt sich nach hinten. Der Spieler kostet in Zukunft mehr – auch, wenn er dann sportlich vielleicht weniger wert ist. Umstrukturierungen sind beliebt, weil sie schnell Wirkung zeigen.
Aber sie sind kein Sparen – sie sind ein Verschieben auf Ratenzahlung.
Entlassung – Raum durch Verzicht
Die ehrlichste, aber oft auch härteste Lösung: den Spieler gehen lassen. Wer einen Vertrag auflöst, schafft Cap Space, allerdings nur den Teil, der noch nicht garantiert oder durch Boni bereits gebunden ist. Dabei gilt:
- Ist noch Signing Bonus offen, entsteht Dead Money
- Je nach Zeitpunkt (vor oder nach dem 1. Juni) wird diese Last sofort oder auf zwei Jahre verteilt
Entlassungen sind oft ein Schnitt mit Folgen. Sie signalisieren Wandel, Aufräumen, Neuausrichtung. Teams wie die Bears oder Falcons haben in den letzten Jahren bewusst Dead Money in Kauf genommen, nicht trotz, sondern wegen der strategischen Freiheit, die danach entsteht.
Vertragsverlängerung – Raum durch Vertrauen
Die dritte Möglichkeit: eine Extension, also eine bewusste Vertragsverlängerung, nicht primär, um einen Spieler zu halten, sondern um den Vertrag neu zu strukturieren.
Dabei werden neue Jahre hinzugefügt, der Cap Hit neu verteilt, Boni können gestreckt und Gehälter angepasst werden. Die kurzfristige Entlastung ist vergleichbar mit einer Umstrukturierung – aber sie geschieht auf Basis einer echten Zukunftsplanung.
Eine Extension ist ein Commitment. Sie sagt: „Wir glauben an diesen Spieler und wir vertrauen darauf, dass er die Cap-Belastung wert ist.“
Typisches Beispiel: Langfristige Starter auf Premium-Positionen, etwa ein Franchise-Tackle, ein No. 1 Receiver oder ein Elite-Cornerback.
Void Years & Backloading – Das Spiel mit der Zukunft
Wer in der NFL Cap Space freimachen will, muss nicht immer auf das verzichten, was da ist. Oft reicht es, die Zukunft zu dehnen. Zwei Mechaniken stehen dafür exemplarisch: Void Years und Backloading. Beide erzeugen kurzfristige Flexibilität, wenngleich nicht ohne Folgen. Denn Cap lässt sich strecken. Aber irgendwann kommt die Rechnung.
Void Years – Der Vertrag, der keiner ist
Void Years sind fiktive Vertragsjahre. Sie existieren nicht, um wirklich vom Spieler gespielt zu werden, sondern allein, um Cap Hits über zusätzliche Jahre zu verteilen. Der Spieler hat keinen Arbeitsvertrag für diese Jahre, keine Leistungspflicht, kein Einkommen. Aber sein Signing Bonus kann dorthin „gestreckt“ werden. Beispiel:
Ein Spieler unterschreibt einen Einjahresvertrag mit 10 Millionen Signing Bonus und vier Void Years.
- Der Bonus wird über fünf Jahre verteilt: 2 Millionen Cap Hit pro Jahr
- Cap Hit im echten Vertragsjahr: deutlich reduziert
- Nach Ablauf des Vertrags: 8 Millionen Dead Money
Void Years sind also ein reines Cap-Tool. Sie bieten Flexibilität, aber sie erzeugen automatisch Dead Money, sobald der Spieler geht oder der Vertrag ausläuft.
Teams wie die Eagles nutzen Void Years systematisch: um Kaderbreite zu erhalten, finanzielle Fenster zu öffnen, ohne langfristige Bindung einzugehen. Es ist pragmatisch, aggressiv und kalkuliert.
Backloading – Heute billig, morgen teuer
Backloading bedeutet, einen Vertrag bewusst mit niedrigen Cap Hits zu beginnen – und sie in den Folgejahren deutlich ansteigen zu lassen. Ideal, wenn ein Team sofort handeln muss, der Cap in Zukunft aber wächst – oder die Relevanz des Spielers langfristig gesehen wird. Beispiel:
Ein Spieler unterschreibt für vier Jahre, 80 Millionen – aber der Cap Hit im ersten Jahr liegt nur bei 6 Millionen. Die restlichen Summen werden gestaffelt: 20, 24, 30. Solange der Spieler liefert, stellt das kein Problem dar. Aber wenn nicht? Dann wird’s vergleichsweise teuer.
Die Rams sind das bekannteste Beispiel für aggressives Backloading. 2021 war ihr „All In“-Jahr: Deals wurden gestreckt, künftige Caps geopfert, um Stafford, Donald, Ramsey, Kupp & Co. auf ein Titel-Zeitfenster zu konzentrieren. Es funktionierte – der Super Bowl kam. Aber die Jahre danach? Cap-Korrektur. Dead Money. Rebuild auf Raten.
Void Years und Backloading sind Werkzeuge, nicht Fehler. Sie können im Best Case Titel bringen oder Worst Case Dead Money. Entscheidend ist nicht die Mechanik, sondern das Bewusstsein dahinter.
Philosophien im Vergleich – Was Cap über Teamkultur verrät
Cap-Mechaniken sind Werkzeuge. Aber wie jedes Werkzeug hängt ihr Wert davon ab, wer sie nutzt und wozu. Denn hinter jeder Entscheidung zur Umstrukturierung, Entlassung oder Vertragsgestaltung steht nicht nur ein finanzielles Motiv, sondern ein strategisches Selbstbild. Der Umgang mit Cap Space erzählt viel über die Identität eines Teams, die Zeitperspektive des General Managers – und darüber, wie viel Risiko man in Kauf nimmt, um Kontrolle zu behalten.
Eagles – Flexibilität durch Struktur
Kaum ein Team nutzt Void Years so konsequent wie die Philadelphia Eagles. GM Howie Roseman hat daraus eine Art Markenzeichen gemacht: Spieler werden kurz gebunden, Boni langfristig gestreckt, Dead Money bewusst eingeplant. Dabei bleibt das Team handlungsfähig aber beweglich. Die Idee dahinter: Stabilität entsteht nicht durch Vertragsdauer, sondern durch ständige Erneuerung. Cap Space wird als rotierendes Fenster gedacht, nicht als starres Korsett, mit dem Ergebnis eines konkurrenzfähigen Kaders, der immer wieder umgebaut werden kann, jedoch ohne totalen Rebuilds.
Rams – All In. Und dann?
Die Rams unter Les Snead wählten einen anderen Weg. 2021 war das Jahr der Entschlossenheit: Stafford, Miller, OBJ, Donald, fast alle Deals waren gestreckt, gepusht, maximiert. Cap Space wurde für die Zukunft geplant, sondern für das Jetzt geopfert.
Das Ziel eines Titels wurde mit dem Gewinn des Super Bowls LVI erreicht. Die Folge waren Dead Money in zweistelliger Millionenhöhe, ein abrutschendes Team und Rebuild durch Verzicht. Diese Philosophie ist mutig. Sie sagt: „Wir wissen, was wir wollen. Und wenn wir dafür später zahlen müssen, tun wir es.“
Bears – Cap Clean-Up als Fundament
Ganz anders die Chicago Bears unter Ryan Poles. Hier wurde zuerst aufgeräumt: Altverträge entfernt, Dead Money akzeptiert, das Cap vom Ballast befreit. Die Strategie war langfristig. Cap Space wurde nicht in Stars investiert, sondern in Optionen.
Das Ziel war nicht, sofort zu gewinnen, sondern bereit zu sein, wenn der richtige Moment kommt. Diese Disziplin zahlt sich erst mit Zeit aus. Aber sie verschafft Klarheit. Und Teams mit Klarheit haben Kontrolle.
Cap-Philosophien sind nicht richtig oder falsch. Sie sind kontextabhängig. Mannschaftsabhängig. Und manchmal auch Zeitgeist. Aber eines ist klar:
Wie ein Team mit Cap Space umgeht, ist nie nur ein Rechenspiel. Es ist ein Spiegel seiner Prioritäten.
Fazit: Cap-Mechanik ist Strategie – keine Reaktion
Cap Space entsteht nicht durch Zufall. Er ist das Ergebnis bewusster Entscheidungen – über Struktur, Risiko, Zeit. Ob durch Umstrukturierung, Entlassung oder Vertragsverlängerung: Jedes Team wählt seinen Weg, jede Entscheidung sagt etwas über Philosophie, Planungshorizont und Selbstverständnis. Void Years und Backloading sind keine Fehler – sie sind Werkzeuge. Aber wie bei jedem Werkzeug entscheidet der Umgang darüber, ob es nachhaltig wirkt – oder nur kurzfristig stabilisiert. Cap Management ist damit kein Zahlenspiel, sondern eine Übersetzung strategischer Haltung in konkrete Struktur.
Im nächsten Teil gehen wir dorthin, wo Cap Space entsteht – und manchmal auch verpufft: in die Verträge selbst.
Was bedeutet es wirklich, wenn ein Spieler für „3 Jahre, 60 Millionen, davon 40 garantiert“ unterschreibt?
Wie unterscheiden sich Full Guarantees von Injury Guarantees?
Und warum sind die Vertragslogiken eines Running Backs, eines Quarterbacks und eines Edge Rusher grundverschieden?
Wir zeigen, wie sich Verträge je nach Position, Karrierephase und Marktwert unterscheiden und warum viele „große“ Deals in Wahrheit verkappte Einjahresverträge sind.
Denn wer Cap verstehen will, muss irgendwann auch Vertragsarchitektur lesen können.


