In der NFL-Analyse tauchen immer häufiger Abkürzungen wie EPA, Success Rate, CPOE oder DVOA auf. Diese modernen Statistiken sollen mehr Kontext und Genauigkeit bieten als herkömmliche Werte (Yards, Touchdowns, etc.). Dieser Leitfaden erklärt die wichtigsten dieser Metriken – Expected Points Added (EPA), Success Rate, Completion Percentage Over Expected (CPOE) und Defense-adjusted Value Over Average (DVOA) – verständlich für Einsteiger, liefert aber auch tiefergehende Details für fortgeschrittene Fans. Ziel ist es, zu zeigen, was sich hinter den Zahlen verbirgt und warum sie das Spielverständnis verbessern.
Die im Artikel angeführten Daten zu einzelnen Quarterbacks und Teams in der Saison wurden vom 30.10.2025 bis 02.11.2025 erhoben und zuletzt am 03.11.2025 aktualisiert.
Expected Points Added (EPA) – erwartete Punkteausbeute pro Spielzug
Expected Points Added (EPA) bedeutet wörtlich „hinzugefügte erwartete Punkte“. Diese Statistik misst den Wert jedes einzelnen Spielzugs in Punkten. Die Grundlage dafür ist das Konzept der Expected Points (EP) – also der erwarteten Punkte an einem bestimmten Spielzustand. Auf Basis historischer Daten wird für jede Situation (Down, Distanz, Feldposition, Zeit, etc.) berechnet, wie viele Punkte ein Team im Schnitt von dort aus erzielen wird, inklusive aller möglichen Ergebnisse (Touchdown, Field Goal, Turnover etc.). Zum Beispiel hat ein First-and-10 an der eigenen 8-Yard-Line einen negativen EP-Wert, da hier wahrscheinlicher ist, dass der Gegner als nächstes punktet. Umgekehrt ist ein First-and-Goal nahe der Endzone etwa 6 EP wert – das Team kann mit rund 6 Punkten rechnen.
EPA nun quantifiziert, wie sehr ein Spielzug den erwarteten Punktestand verändert. Konkret: EPA ist die Differenz zwischen dem EP-Wert vor dem Snap und dem EP-Wert nach dem Spielzug. Gelungene Offensivaktionen erhöhen die erwarteten Punkte (positive EPA), während fehlgeschlagene Spielzüge oder Raumverluste sie verringern (negative EPA). Dadurch erhält jeder Play – auch wenn dabei keine direkten Punkte erzielt wurden – einen Punktewert, der den Beitrag dieses Spielzugs zum Spielerfolg ausdrückt.

Beispiel: Startet ein Team einen First-and-10 an der eigenen 20-Yard-Linie, beträgt der EP etwa 0,7 Punkte. Gelingt ein Pass über 20 Yards, steigt der EP auf ca. 2,06 Punkte – der Spielzug hat also +1,36 EPA eingebracht. Umgekehrt könnte ein 8-Yard-Gewinn je nach Situation negative oder positive EPA bedeuten: 8 Yards bei Third-and-10 bringen keinen First Down und hätten leicht negative EPA (~−0,2), während 8 Yards bei Third-and-7 das neue First Down sichern und etwa +1,4 EPA wert sind. EPA erfasst also den Wert von Yards im Kontext – 8 Yards sind nicht immer gleich viel „wert“.
EPA/Play (EPA pro Spielzug): Häufig betrachtet man den durchschnittlichen EPA-Gewinn pro Spielzug als Effizienzmaß. Eine Offense, die z.B. 0,1 EPA/Play erzielt, fügt pro Snap im Schnitt ein Zehntel Punkt hinzu – das deutet auf effizientes, punktförderndes Spiel hin. Defensiv wird analog oft EPA allowed/Play gemessen: also wie viele erwartete Punkte die Verteidigung pro gegnerischem Spielzug zulässt. Je niedriger (bzw. negativer) dieser Wert, desto besser die Defense. Analysen zeigen beispielsweise in Streudiagrammen Offensiv-EPA/Play versus Defensiv-EPA/Play, um Teamstärken einzuordnen. Auch nach Spielart getrennt erkennt man Trends: Passspiel ist ligaweit deutlich effizienter als Laufspiel (höheres EPA/Play).
EPA/Dropback: Speziell für Quarterbacks wird oft der EPA pro Dropback ausgewiesen – also pro Passversuch (inkl. Sacks). Diese Kennzahl fokussiert auf den Einfluss des Passing Games. EPA/Dropback gibt an, wie viele Punkte ein Team pro Passversuch im Schnitt gewinnt. In der Bewertung von QBs gilt EPA/Dropback als aussagekräftiger als traditionelle Werte wie Passer Rating oder Yards/Attempt, da es den Beitrag zur Offensivleistung besser widerspiegelt. Ein Quarterback mit +0,3 EPA/Dropback führt eine sehr effiziente Pass-Offense an, während negative Werte anzeigen, dass das Passspiel dem Team eher schadet (Turnover, Sack-Verluste etc.).
Wofür ist EPA nützlich? Auf Teamebene korreliert EPA/Play stark mit dem tatsächlichen Erfolg (Punkten, Siegen), da es jedes Play in Punktwert umrechnet. Es hilft, Offenses und Defenses objektiver zu ranken als pure Yards: Eine Offense, die viele Yards anhäuft, aber oft ohne Punkte bleibt oder den Ball verliert, wird in EPA schlechter dastehen als eine effizient punktende Offense. Für Defensiveinsights kann man sehen, wie stark eine Defense den erwarteten Output ihrer Gegner drückt (negative EPA für die Offense = guter Job der Defense).
Für einzelne Spieler (außer QBs) ist EPA vorsichtig zu interpretieren. Zwar kann man z.B. den EPA-Beitrag eines Running Backs pro Lauf oder eines Wide Receivers pro Target berechnen, doch die Aufteilung der „Credits“ pro Play ist schwierig. Football ist ein Teamsport – EPA lässt sich nicht immer eindeutig einer Person zuschreiben. Zum Beispiel resultiert ein langer Touchdown-Pass aus guter Protection, präzisem Wurf und tollem Catch – wer bekommt den EPA-Credit? Public-Analytics können hier kaum alle Einflussfaktoren isolieren. Daher eignet sich EPA vor allem für Einheiten (Team-Offense, Team-Defense) und QBs (die das Spiel maßgeblich steuern). Für andere Positionen wird an erweiterten Modellen gearbeitet, doch klassische EPA-Werte können die individuelle Leistung verzerren.
Grenzen von EPA: Weil EPA jedem Play einen Punktwert zuweist, können einzelne Extremereignisse den Schnitt stark beeinflussen. Ein zufälliger Fumble kurz vor der gegnerischen Endzone (~−6 EPA) kann z.B. die Offensiv-EPA eines ganzen Spiels drastisch nach unten ziehen, obwohl das Team vielleicht über weite Strecken effizient spielte. Erfolgsmetriken wie Success Rate (siehe unten) ergänzen hier das Bild, indem sie Konstanz messen. Optimal ist es, EPA immer über genügend große Stichproben (viele Plays, mehrere Spiele) zu betrachten, damit Ausreißer ausgeglichen werden. Insgesamt ist EPA jedoch ein mächtiges Analysetool, das unser Verständnis vom Football verbessert, indem es den „Wert“ jeder Aktion in Punkten beziffert.
Success Rate – Erfolgsquote pro Spielzug
Die Success Rate (Erfolgsquote) misst, wie viele Spielzüge einer Offense situationsabhängig erfolgreich sind. Es wird jeder Play als Success (Erfolg) oder Failure bewertet, basierend auf Down & Distance. Die gängige Definition (u.a. von Football Outsiders) lautet: Ein Spielzug ist erfolgreich, wenn er mindestens 40% der benötigten Yards auf First Down, 60% der benötigten Yards auf Second Down oder 100% der benötigten Yards auf Third/Fourth Down erzielt. Vereinfacht: Auf 1st&10 gelten 4+ Yards als Erfolg, auf 2nd&10 mindestens 6 Yards, und bei 3rd&Short muss das First Down erreicht werden, damit der Play als „success“ zählt. Gelingt dies nicht, ist der Versuch unsuccessful.
Diese Definition stellt sicher, dass jeder Versuch ungefähr gleich schwierig zu erfüllen ist – ligaweit liegt die Success Rate pro Down meist um die 40-45%. Der Ansatz ähnelt dem Baseball-Vergleich: Football-Analyst Bill Connelly nannte Success Rate das “On-Base-Percentage des Football” – es zeigt, wie häufig ein Team pro Versuch „auf Base“ kommt bzw. Downs effizient nutzt. Eine durchschnittliche Offense hat etwa 40% ihrer Plays erfolgreich; alles deutlich darüber spricht für eine sehr effiziente, konstant vorwärtskommende Offense.
Warum ist die Success Rate wichtig? Sie ergänzt EPA, indem sie Konstanz und Effizienz auf Serienbasis betont statt explosiver Big Plays. Eine Offense mit hoher Success Rate vermeidet verlorene Versuche und bleibt „on schedule“. Das bedeutet: Sie erzielt auf Early Downs genügend Raumgewinn, um kurze dritte Versuche oder neue First Downs zu haben. Beispiel: Die New England Patriots schafften in einem Spiel nur 37% Success Rate auf frühen Downs – entsprechend landeten sie ständig in 3rd&Long (durchschnittlich 9,2 Yards to go) und hatten eine miese Third-Down-Conversion von 31,6%. Diese niedrige Erfolgsquote zeigte also direkt, warum die Offense ins Stocken geriet.
Auf der Defense-Seite gibt die Allowed Success Rate an, wie oft die Verteidigung gegnerische Plays scheitern lässt. Eine Defense, die dem Gegner nur ~35% Erfolg zugesteht, dominiert das Spiel, weil sie häufig Stops erzwingt und den Gegner in ungünstige Downs (3rd&long) drängt.
Success Rate vs. EPA: Beide Metriken zusammen zeichnen ein vollständigeres Bild. EPA/Play zeigt die Durchschnittsausbeute inklusive großer Gewinne, kann aber durch ein paar explosive Plays hoch sein, selbst wenn dazwischen viele erfolglose Versuche lagen. Success Rate spiegelt die Zuverlässigkeit wider – wie oft klappt ein Spielzug planmäßig. Ein Team mit hoher EPA aber niedriger Success Rate lebt vielleicht von ein paar Highlight-Plays (Boom-or-Bust-Offense). Umgekehrt kann ein Team mit sehr hoher Success Rate und moderater EPA konstant fünf Yards pro Down machen, auch ohne die ganz großen Raumgewinne. Idealerweise will man beides: Effizienz und Konstanz. Coaches nutzen Success Rate oft, um die Effektivität des Gameplans auf Early Downs zu prüfen – also ob Lauf-/Passspiel die benötigten Yards erzielen. Zudem wird in Analysen häufig Garbage Time ausgeklammert und nur Success Rate bei knappem Spielstand betrachtet, um realistische Werte zu erhalten.

EPA/Play & Success Rate nach 9 Spieltagen
| Team | EPA/Play | Success % |
|---|---|---|
| Indianapolis Colts | 0.18 | 50.09 |
| Buffalo Bills | 0.17 | 49.2 |
| Green Bay Packers | 0.16 | 48.67 |
| Detroit Lions | 0.09 | 45.68 |
| Chicago Bears | 0.09 | 45.12 |
| New England Patriots | 0.08 | 44.85 |
| Los Angeles Rams | 0.07 | 48.22 |
| Philadelphia Eagles | 0.07 | 43.89 |
| Seattle Seahawks | 0.06 | 45.49 |
Für Einsteiger genügt: Success Rate sagt dir, wie oft dein Team pro Spielzug das erreicht, was es erreichen muss. Es ist ein einfacher Prozentwert (100% = jeder Versuch erfolgreich). Um 50% gilt als exzellent, ~40% ligaweit durchschnittlich. Alles darunter offenbart Ineffizienz, die auf Dauer zu Punts und wenigen Punkten führt.
Completion Percentage Over Expected (CPOE) – Wurfquote über Erwartung
Completion Percentage Over Expected (CPOE) ist ein spezieller Wert für Quarterbacks, der die Wurfgenauigkeit im Kontext der Wurf-Schwierigkeit misst. Die Completion Percentage (Abschlussquote) eines QBs – also Prozentsatz der angekommenen Pässe – wird dabei mit einem erwarteten Wert verglichen. Dieses Expectation Model berechnet für jeden einzelnen Pass die Wahrscheinlichkeit, dass er gefangen wird, basierend auf verschiedenen Faktoren: Wurfdistanz (Air Yards), Down & Distance, Feldposition, die Entfernung des nächsten Verteidigers zum Receiver, Passrichtung (Mitte/Seite) und ob der QB unter Druck stand, etc. All diese Variablen fließen in eine statistische Modellierung ein, die für jeden Wurf eine Expected Completion Probability (xCP) ergibt – also z.B. „dieser Pass wird in 68% der Fälle gefangen“.
CPOE schaut nun, wie der tatsächliche Ausgang im Vergleich zur Erwartung war. Trifft der Quarterback einen Pass, der laut Modell nur zu 30% fangbar ist, schlägt er die Erwartung deutlich. Verfehlt er hingegen einen einfachen 5-Yard-Pass mit 90% erwarteter Completion, liegt er unter Soll. CPOE pro Pass ist also die Differenz zwischen dem Resultat (100% für gefangen, 0% für incomplete) und der erwarteten Erfolgswahrscheinlichkeit. Über viele Pässe gemittelt erhält man die CPOE des QBs über ein Spiel oder Saison. Kurz gesagt: CPOE = tatsächliche Completion% − erwartete Completion%.
Beispiel: Wir betrachten zwei Würfe von QB X: Ein einfacher Checkdown auf 5 Yards bei 1st&10 (Erwartung vielleicht ~85% Completion) und ein schwieriger 15-Yard-Pass auf einem tiefen Crosser bei 3rd&12 (Erwartung vllt. 30%). Wenn QB X beide Würfe anbringt, hätte er im ersten Fall kaum positive CPOE (+15%, da 100% – 85% Erwartung) und im zweiten Fall satte +70%. CPOE über das ganze Spiel aggregiert alle diese Abweichungen. Ein Quarterback, der immer etwas über den Erwartungen liegt, bekommt einen positiven CPOE (z.B. +5%), ein QB unter Erwartung einen negativen.
Wofür steht CPOE? Es ist im Kern ein Maß für die Wurfqualität bzw. Genauigkeit relativ zum Schwierigkeitsgrad. Damit berücksichtigt es, dass nicht alle Completion-Prozentsätze gleich zu bewerten sind. Ein QB mit 65% Completion kann sehr gut sein, wenn er viele schwere Würfe versucht (Expected vielleicht 60%, also +5% CPOE). Umgekehrt kann 70% Completion unter den Erwartungen liegen, falls es vor allem Screens und kurze Pässe waren (Expected 75%, also -5% CPOE). CPOE hilft also zu erkennen, wer überdurchschnittlich schwere Würfe vollendet – ein Indikator für präzises Passspiel über das bloße „Ankommen“ hinaus. In der Analytics-Community werden oft Scatterplots gezeigt, die EPA/Play vs. CPOE für QBs abbilden – so erkennt man, welche Quarterbacks gleichzeitig effizient (EPA) und präzise (CPOE) spielen.

Wichtig: CPOE ist eine Stil- und Leistungskomponente, aber nicht das ganze Bild. Es sagt etwas darüber aus, wie schwierig die Pässe sind, die ein QB wirft, und wie erfolgreich er sie anbringt. Es sagt nichts darüber aus, welche Pässe der QB nicht wirft. Ein sehr konservativer Spielmacher, der fast nur kurze, sichere Pässe nimmt, kann einen hohen CPOE haben (er übertrifft die Erwartung bei einfachen Würfen leicht). Ein aggressiver Downfield-Passer mag einen niedrigeren CPOE aufweisen, obwohl er vielleicht trotzdem wertvoll fürs Team ist, weil er Chancen kreiert. Daher sollte man CPOE immer im Kontext betrachten: Im Idealfall vergleicht man QBs mit ähnlicher Wurfphilosophie oder schaut zusätzlich auf Kennzahlen wie Average Depth of Target (aDOT), um zu sehen, ob ein hoher CPOE eventuell aus vorsichtigem Checkdown-Spiel resultiert.
Trotz dieser Nuancen ist CPOE nützlich, um die reine Completion Rate zu „entzerren“. Es belohnt QBs, die enge Fenster treffen, und relativiert die reinen Zahlen von Completion%. Die Metrik hat sich als einigermaßen stabiler Skill-Indikator gezeigt – gute QBs tendieren Jahr für Jahr zu leicht positiven CPOE, schwächere zu negativen. Zusammen mit EPA/Play kann CPOE helfen, die Leistung eines Quarterbacks ganzheitlicher zu beurteilen: Wie effizient bewegt er den Ball (EPA) und wie schwierig/präzise sind seine Würfe (CPOE)?
DVOA – Defense-adjusted Value Over Average (gegnerbereinigter Wert über Durchschnitt)
DVOA ist eine von Football Outsiders entwickelte Kennzahl, die vor allem auf Team- und Unit-Ebene (Offense/Defense/Special Teams) eingesetzt wird. Sie steht für “Defense-adjusted Value Over Average”, was man frei übersetzen kann als „gegen die Gegnerstärke adjustierter Wert über dem Ligadurchschnitt“. DVOA kombiniert viele Elemente der zuvor genannten Metriken zu einem umfassenden Effizienzmaß. Jede einzelne Spielsituation der Saison wird dabei bewertet und mit dem durchschnittlichen Erfolg in exakt dieser Situation verglichen. Wichtig ist: Es zählen nicht nur Yards, sondern Yards im Verhältnis zum First-Down – z.B. sind 5 Yards Raumgewinn auf 3rd-and-4 deutlich wertvoller als 5 Yards auf 1st-and-10. Außerdem fließt die Qualität des Gegners in die Bewertung ein: Leistungen gegen eine Top-Defense werden höher gewichtet als gegen eine schwache Defense.
Das Ergebnis drückt DVOA in Form eines Prozentsatzes aus. 0% entspricht exakt durchschnittlicher NFL-Leistung. Positive Werte bedeuten besser als Durchschnitt, negative Werte schlechter. Dabei werden Offense und Defense entgegengesetzt skaliert: Bei Offense-DVOA ist positiv gut, bei Defense-DVOA ist negativ gut, da eine starke Defense den gegnerischen Offenses Erfolg entzieht. Beispielsweise führte 2022 die Kansas City Chiefs Offense die Liga mit +25,2% DVOA an (25% effizienter als der Durchschnitt), während die beste Defense, die San Francisco 49ers, bei −14,1% DVOA lag. Eine überdurchschnittliche Offense hat also >0%, eine überdurchschnittliche Defense <0%.
Wie wird DVOA berechnet? Die genaue Formel ist komplex und proprietär, aber vereinfacht: Jeder Spielzug bekommt einen Wert (ähnlich wie bei EPA/Success Rate) basierend auf Erfolg vs. Erwartung. Diese Value Over Average wird dann noch an die jeweiligen Gegner angepasst (Defense-adjusted), damit ein Team mit leichtem Spielplan nicht künstlich besser aussieht als eines mit toughen Gegnern. Schließlich wird alles zu einer Gesamtrate aggregiert und auf 0% Normalniveau normiert. DVOA kann für Teams als Ganzes berechnet werden (häufig wird dann Offensiv- und Defensiv-DVOA verrechnet, plus Special Teams, um eine Gesamt-Team-DVOA zu erhalten). Man kann DVOA aber auch für einzelne Units oder Spieler ausweisen – etwa nur die Run-Offense eines Teams, oder den DVOA eines Quarterbacks (FO publiziert z.B. QB-DVOA und den verwandten Wert DYAR für QB-Leistungen). Dabei wird stets innerhalb der Kategorie verglichen: z.B. beim Receiver-DVOA werden nur Pässe zu Wide Receivern als Basis genommen, um fair mit anderen Receivern zu vergleichen.
Worin liegt der Nutzen von DVOA? DVOA gilt als fortschrittliches Power-Ranking-Tool. Es beantwortet nicht nur „Wer hat die beste Offense?“, sondern auch warum: Durch die Aufschlüsselung nach Down, Distanz, Situation kann man Stärken und Schwächen isolieren. Beispielsweise kann man mit DVOA sehen, dass ein Team vielleicht eine herausragende Third-Down-Offense hat oder ein Quarterback in der Red Zone überdurchschnittlich effizient ist. Zudem beseitigt DVOA viele Verzerrungen: Da jeder Spielzug mit ähnlichen verglichen wird, sind 45% Third-Down-Conversion nicht einfach 45% – DVOA schaut, waren es viele einfache 3&1 oder schwierige 3&long? Ein Turnover wird schwerer gewertet als ein Punt, weil er die Chance nimmt, den Ball wegzuschießen. All das führt zu einem faireren Vergleich der Leistungen.

Für Fans genügt oft der Blick auf die Skala: DVOA ~0% = mittelmäßig. Top-Offenses liegen meist irgendwo zwischen +20% bis +30%, die schlechtesten Offenses bei -20% bis -30%. Defensive DVOA-Werte sind etwas enger verteilt (beste Defenses um -20%, schlechteste bis +20%). Weil Passspiel effizienter ist als Laufspiel, tendiert der Liga-Durchschnitt in Pass-DVOA leicht über 0 und bei Rush-DVOA leicht unter 0 – aber in der Gesamtoffense ist es ausgeglichen.
Top-Offenses 2025
1. Colts (+45.8 %)
2. Seahawks (+41.7 %)
3. Lions (+39.4 %)
4. Rams (+37.1 %)
5. Chiefs (+32.3 %)
Schwächste Offenses 2025
28. Browns (−24.6 %)
29. Bengals (−25.5 %)
30. Raiders (−26.9 %)
31. Saints (−34.1 %)
32. Titans (−37.6 %)
Beispiel zur Veranschaulichung: Ein traditioneller Wert wie Yards pro Spiel würde ein Team A mit 400 Yards gegen schwache Gegner evtl. vor Team B mit 350 Yards gegen Top-Gegner einsortieren. DVOA hingegen könnte zeigen, dass Team B relativ zum Kontext effizienter war (vielleicht +10% DVOA vs Team A +5%). So „sieht“ man, wer wirklich besser performed hat, anstatt blind auf Total Yards zu schauen. Entsprechend korreliert DVOA oft gut mit dem langfristigen Erfolg und wird z.B. in der Saisonanalyse verwendet, um ”unerwartete” Teamleistungen zu identifizieren (etwa Teams mit negativer DVOA, die aber dank Glück dennoch einige Siege holten, oder umgekehrt).
Kurz gesagt: DVOA ist ein All-in-One-Stat für Effizienz, der jede Spielsituation und Gegnerstärke berücksichtigt. Wenn in unseren Artikeln z.B. steht „Die Offense der Buffalo Bills rangiert auf Platz 2 in DVOA“, bedeutet das: Nur eine Offense war in der Summe aller Plays (angepasst an Umstände und Gegner) effizienter – ein sehr starker Indikator für die Qualität dieser Einheit.
(Hinweis: Football Outsiders aktualisiert die DVOA-Formel gelegentlich – zuletzt auf Version 8.0 (2023) – um neue Erkenntnisse einzubauen. Die Kernidee bleibt aber gleich. DVOA umfasst auch Special Teams separat, damit z.B. Return Yards etc. fair eingehen. Diese Tiefe geht für diesen Überblick zu weit, aber sei erwähnt, dass DVOA wirklich versucht, alle Phasen des Spiels abzubilden.)
Fazit: Mehr Kontext = Mehr Verständnis
Traditionelle Kennzahlen greifen oft zu kurz, um die Performance von Teams und Spielern objektiv zu bewerten. Moderne Stats wie EPA, Success Rate, CPOE und DVOA bieten einen tieferen Einblick, weil sie den Spielzug-Kontext einbeziehen. Ein 2-Yard-Lauf kann je nach Situation wertvoll oder wertlos sein – erst die Kontext-Metriken machen den Unterschied sichtbar. Für junge NFL-Fans im deutschsprachigen Raum mögen diese Abkürzungen zunächst abstrakt klingen, doch ihre Bedeutung lässt sich wie folgt zusammenfassen:
- EPA (pro Play/Dropback): Misst wie viele Punkte ein Team pro Spielzug hinzugewinnt – hervorragender Indikator für offensive Effizienz und defensive Stärke (weniger EPA zugelassen). Macht deutlich, welche Offense wirklich punktet statt nur Yards zu sammeln.
- Success Rate: Misst die Konstanz und Ausführungsqualität pro Down – zeigt, ob eine Offense verlässlich Raumgewinn im richtigen Ausmaß erzielt oder ob die Defense das Down-by-Down-Duell gewinnt. Hilfreich, um „Hidden Yardage“ und Early-Down Performance zu beurteilen.
- CPOE: Misst die Passgenauigkeit relativ zur Schwierigkeit – eine Ergänzung zur Bewertung von QBs jenseits bloßer Completion %. Belohnt präzises Werfen in engen Fenstern und identifiziert QBs, die mehr leisten als vom Durchschnitt erwartet.
- DVOA: Misst gesamtheitliche Effizienz im Vergleich zum Durchschnitt, angepasst an Spielsituation und Gegner. Erlaubt es, Teams und Einheiten fair zu vergleichen und Stärken/Schwächen in bestimmten Bereichen aufzudecken. Wird oft benutzt, um Power Rankings oder Matchup-Analysen fundierter zu gestalten.
Am Ende helfen uns diese Metriken, das Spiel besser zu verstehen und einzuordnen. Sie untermauern mit Zahlen, warum ein Team erfolgreich ist (oder nicht) – sei es durch explosive Big Plays (hohes EPA), konstanter Gewinn kleiner Vorteile (hohe Success Rate), außergewöhnliche QB-Leistungen (CPOE) oder einfach insgesamt besseres Ausspielen der Situationen (DVOA). Moderne Analytics mögen anfangs ungewohnt sein, doch „nur weil sie etwas nerdig sind, heißt das nicht, dass sie schlecht sind – im Gegenteil, sie machen uns alle zu schlaueren Football-Fans“. Indem sie die Lücken der traditionellen Statistik füllen, liefern EPA, Success Rate, CPOE und DVOA ein präziseres Bild vom Geschehen auf dem Feld – zum Nutzen von Analysten und Fans.
Quellen: Die Erklärungen und Beispiele basieren auf Analysen und Definitionen von ESPN, dem NFL-Analysten-Werkzeugkasten (Football Outsiders, Sharp Football), FTN Fantasy sowie Erkenntnissen der Analytics-Community (u.a. SumerSports, nflfastR/nfelo). Diese fortgeschrittenen Statistiken entwickeln sich stetig weiter – doch die hier vorgestellten Grundlagen bieten einen soliden Start, um künftig Begriffe wie EPA/Play oder DVOA in NFL-Artikeln besser einordnen zu können. Viel Spaß beim tieferen Eintauchen in die Welt der Football Analytics!



