Michael Oher, bekannt aus dem Film „Blind Side“ von 2009, erhebt schwere Vorwürfe gegen seine vermeintliche Adoptivfamilie. Er behauptet, dass ein zentrales Element dieser Geschichte, wie sie im Film erzählt wurde, tatsächlich eine Lüge sei, die von der Familie erfunden wurde, um sich auf seine Kosten zu bereichern.
Die 14-seitige Petition, die vor einem Gericht in Tennessee eingereicht wurde, wirft Sean und Leigh Anne Tuohy vor, Michael Oher nie adoptiert zu haben, obwohl sie ihn als Schüler bei sich aufnahmen. Stattdessen habe das Paar ihn dazu gebracht, kurz nach seinem 18. Geburtstag im Jahr 2004 ein Dokument zu unterzeichnen, dass sie zu seinen Vormündern machte. Dies verschaffte ihnen die rechtliche Befugnis, in seinem Namen Geschäfte abzuschließen und Entscheidungen zu treffen.
Ausnutzung der Vormundschaft
Die Vorwürfe gehen jedoch noch weiter. Die Petition behauptet, dass die Tuohys ihre Macht als Vormünder dazu genutzt haben, einen Deal abzuschließen, der ihnen und ihren leiblichen Kindern Millionen von Dollar an Lizenzgebühren einbrachte. Dieser Deal war das Resultat eines mit einem Oscar ausgezeichneten Films, der mehr als 300 Millionen Dollar eingespielt hat.
Den rechtlichen Unterlagen zufolge brachte der Film den Tuohys und ihren beiden leiblichen Kindern jeweils 225.000 US-Dollar plus 2,5 % des „definierten Nettoerlöses“ des Films.
Ironischerweise erhielt Oher selbst nichts für eine Geschichte, die ohne seine Beteiligung nicht existiert hätte. In den Jahren nach diesem Erfolg haben die Tuohys weiterhin Oher als ihren adoptierten Sohn bezeichnet und diese Behauptung genutzt, um ihre Stiftung sowie die Karriere von Leigh Anne Tuohy als Autorin und Motivationstrainerin zu fördern.
Die rechtliche Petition beschuldigt Leigh Anne Tuohy und Sean Tuohy, dass sie sich aufgrund der Lüge über Ohers Adoption auf Kosten ihres Schützlings, also Oher, bereichert hätten. Michael Oher erfuhr von dieser Wahrheit im Februar 2023, als er erkannte, dass die von ihm akzeptierte Vormundschaftsvereinbarung ihn tatsächlich nicht mit den Tuohys als Familie verband.
Forderungen und rechtliche Schritte
In seiner rechtlichen Petition fordert Oher das Gericht auf, die Vormundschaft der Tuohys zu beenden und ihnen zu verbieten, seinen Namen und sein Bild zu nutzen. Darüber hinaus verlangt er eine genaue Aufschlüsselung der Einnahmen, die die Tuohys unter Verwendung seines Namens erzielt haben. Er strebt an, seinen gerechten Anteil an den Gewinnen zu erhalten, sowie nicht näher spezifizierte Schadensersatzforderungen.
Reaktionen der Familie Tuohy
Die Tuohy-Familie hat bisher nicht direkt auf die Vorwürfe reagiert. Ihr Anwalt, Steve Farese, lehnte es ab, Kommentare abzugeben, und kündigte an, dass die Familie in den kommenden Wochen rechtlich auf die Anschuldigungen antworten werde.
Die Kontroverse hat jedoch bereits Reaktionen ausgelöst. Sean Tuohy äußerte sich gegenüber der Website „Daily Memphian“ überrascht und enttäuscht über die Vorwürfe von Oher. Er betonte, dass die Familie kein Geld aus dem Film erhalten habe, sondern lediglich Anteile an den Einnahmen aus dem Buch von Michael Lewis, auf dem der Film basiert. Er erklärte, dass sie Oher genauso lieben würden, unabhängig von dieser Situation.
Edit: Am Dienstag meldete sich Martin Singer, ein Anwalt der Tuohy Familie, zu Wort. „Die Idee, dass die Familie jemals Profit aus Mr. Oher schlagen wollte ist nicht nur beleidigend sondern offensichtlich lächerlich.
Weiter heißt es im Statement, dass Michael Oher gedroht haben sollte mit der Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen, falls die Tuohy`s ihm nicht 15 Mio. USD zahlen würden.
Der Anwalt erwähnte weiter „In Wirklichkeit haben die Tuohys ihre Türen für Mr. Oher geöffnet, ihm Struktur und Unterstützung geboten. Und über all dem bedingungslose Liebe. Sie haben ihn konsequent als eigenen Sohn und als einen ihrer drei Kinder gesehen. Seine Antwort war es, Ihnen zu drohen und zu erwähnen, dass er eine negative Story über sie in der Presse erzählen würde, falls er keine 15 Mio. USD gezahlt bekommt.“
Eine Antwort der Anwaltsseite von Michael Oher auf das anwaltliche Statement der Tuohy’s gab es bisher noch nicht.
Ein schmerzhafter Bruch mit der Vergangenheit
Die Geschichte von Michael Oher, wie sie im Film „Blind Side“ dargestellt wurde, war sowohl inspirierend als auch problematisch. Sie porträtierte Oher als einen jungen Schwarzen, der von einer wohlhabenden weißen Familie gerettet und unterstützt wurde. Die Wahrheit ist jedoch komplexer. Obwohl Oher zweifellos eine schwierige Kindheit hatte, zeigte er auch Intelligenz, Entschlossenheit und erhielt viel Unterstützung von den Tuohys und anderen, um sich über seine Umstände hinwegzusetzen.
Die Enthüllungen und Vorwürfe von Oher enthüllen die Schattenseiten dieser vermeintlich inspirierenden Geschichte und werfen Fragen nach Ausbeutung und Wahrheit auf.
Oher, der nach seiner Football-Karriere eine schwierige Beziehung zu den Tuohys hatte, fühlte sich vom Film ungenau dargestellt. Erst nach seiner Pensionierung im Jahr 2016 engagierte er einen Anwalt, um die Details des Filmdeals und seine rechtliche Beziehung zu den Tuohys aufzudecken. Erst im Februar erfuhr Oher, dass die Tuohys ihn nicht adoptiert hatten. Dies war eine schmerzhafte Erkenntnis für ihn.